Hexenverfolgung in Norwegen

Rote Haare: eine ungünstige Haarfarbe während der Frühen Neuzeit Ɩ © L. Frost/photocase

Im Namen des Vaters, des Sohnes… und des Teufels?

Die Hexenprozesse in Europa, die ungefähr 300 Jahre lang dauerten, sind bis heute noch voller ungeklärter Fragen und Mythen. Vor allem die Prozesse der norwegischen Finnmark sind bisher eher stiefmütterlich behandelt worden.

 

 

GESPRÄCHSSTOFF

 

Hexen? Sind das nicht diese Wesen, die auf einem Besen reiten und mitten im Wald okkulte Treffen ausmachen, um die dunklen Mächte anzubeten? Naja, was wäre die Welt ohne Klischees und es wäre auch nie ein Besen namens “Kartoffelbrei” in die (Hörspiel-)Geschichte eingegangen. Aber so kunterbunt wie bei Bibi Blocksberg ging es vor mehreren hundert Jahren wohl nicht zu. Da wurde eher aus den Hexen Kartoffelbrei gemacht.

 

Doch woher rührt eigentlich dieser uralte Glaube, dass Menschen einen Pakt mit dem Teufel eingehen? Wenn man einen Schuldigen suchen will, dann vielleicht den Philosophen Aurelius Augustinus (354-430). Er beschäftigt sich in einigen seiner Schriften mit der Zauberei und ist der Ansicht, dass zwar jede Magie ihr Ziel verfehlt, aber ein heimlicher Teufelspakt trotzdem die Grundvoraussetzung ist. Thomas von Aquin (ca. 1225-1274), DER Philosoph und Theologe des Mittelalters, geht dann im 13. Jahrhundert noch einen Schritt weiter: in seinen Schriften behauptet er, dass sämtliche Hexerei und Magie nur noch durch einen Teufelspakt ausgeführt werden kann. Obendrein liefert er noch Beschreibungen zu Hexenpraktiken. Eine (weniger) schöne Bescherung, die leider auf fruchtbaren Boden fällt. Auf dem Konzil in Basel (1431-1449) wird seitens der katholischen Kirche beschlossen, dass Inquisitoren von nun an gegen ganze Hexensekten vorgehen sollen.

 

Dieser ganze Irrglaube und Wahnsinn verbreitet sich in Windeseile, vor allem auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und auch… in Norwegen. Zugegebenermaßen: Norwegen ist auch nicht unbedingt das Land, was man zuerst mit Hexenprozessen in Verbindung bringen würde. Verschont blieb es trotzdem nicht, schon gar nicht das Gebiet der Finnmark im 17. Jahrhundert. Liv Helene Wilumsen, eine norwegische Historikerin, die eingehend über diese Thematik forscht, beschreibt die Prozesse in dieser Region als “the highest percentage of witchcraft trials in Europe in relation to the population” (in: Seventeenth-Century Witchcraft Trials in Scotland and Northern Norway (2008), S. 110).

Interessanterweise steht hier die Politik im Vordergrund. Die lokalen Beamten, die in Vardø tätig waren, arbeiteten eng mit dem örtlichen Amtsgericht zusammen, welches vergleichsweise unabhängig von Kopenhagen agieren konnte. Verführerisches Gedankengut hatte hier also ein leichtes Spiel, damit einzelne Personen ihre Machtgeflechte weiter ausbauen und stärken konnten. Sobald jemand Neues in der Politik von Vardø seine Finger im Spiel hatte, war es relativ sicher, dass die Hexenprozesse einen weiteren Höhepunkt erreichen würden.

 

Brr… grausig. Wirklich wärmer wird es auch nicht, wenn man heute nach Vardø fährt. Touristen verschlägt es dort kaum hin, zumindest nicht im Herbst oder Winter. Das Steilneset-Mahnmal, das im Beitrag erwähnt wird, wurde von Königin Sonja im Jahre 2011 eingeweiht. Angeblich soll es zehn Millionen Euro gekostet haben. Neben der 120 m langen Gedenkhalle, entworfen von dem Schweizer Architekten Peter Zumthor und der amerikanischen Künstlerin Louise Bourgeois, gibt es auch einen schwarzen Glaskubus, der innen mehrere Spiegel besitzt. In diesem Kubus steht ein Stuhl, aus dem ein Feuer lodert. Das Monopol-Magazin beschreibt den Eindruck folgendermaßen: “Das moderne Subjekt überwacht sich selbst. Wer sich in Bourgeois’ psychotischen Käfig begibt, sich um ihren Stuhl bewegt, sieht in den Spiegeln immer andere Reflexionen des eigenen Antlitzes. Verzerrt, zerrissen, von Flammen umgeben.” Und wem das zu abgefahren ist, der kann sich ja die Parodie von Sketch History zur Hexenverbrennung hier  ansehen.

Die Gedenkhalle des Steilneset-Mahnmals in Vardø. 
91 kleine Fenster leuchten im Dunkeln. Daneben sind die Namen,
Lebensdaten und Prozessakten zu sehen. Ɩ © Andrew Meredith

Übrigens hätte ich zu dieser Zeit auch schlechte Karten gehabt: meine Naturhaarfarbe ist nämlich rot und wie heißt es so schön: “Rote Haare, Sommersprossen, sind des Teufels Artgenossen”. Da hilft nur noch der Gang zum Friseur und auf dem Besen bis zur Uni fliegen… das ist mir dann doch etwas zu kalt im Winter.

Weiterführende Links:

Artikel von Rune Blix Hagen

Zum Hexendenkmal in Vardø

Übersicht der angeklagten Personen in Nordnorwegen (1593 – 1695)

Beispiel eines Hexenprozesses


Delilah

Autorin:
Delilah